Als Kinder auf der Strasse Völkerball spielten

Zürcher Unterländer

Autor Urs Peter mit einem Exemplar seines Buches "8424 Embrach — Leben auf dem Land um 1950"

Der Embracher Urs Peter hat in seinem historischen Buch das Leben auf dem Lande in den 1940er und 1950er Jahren akribisch nachgezeichnet. Drei Jahre arbeitete er am umfangreichen Werk und beschreibt den Alltag der sich praktisch nur im Dorf abspielte.

Peter, der Geschichte, Ethnologie und Medizin studierte, lässt in Gesprächen mit Zeitzeugen und durch vielfältiges Bildmaterial den damaligen Lebensalltag anschaulich aufleben. Embrach, einst als das Töpferdorf im Land bekannt, steht stellvertretend für alle Schweizer Gemeinden, die sich von Bauerndörfern zu Agglomerationsgemeinden wandelten. Ein Stück Schweizergeschichte zum Erinnern. Die Auflage umfasst tausend Stück und ist im Aris Verlag erhältlich.

Website informiert über historisches Embrach

Ein virtuelles Museum das wohl eher die jüngere Generation ansprechen dürfte, ist die neu aufgeschaltete Seite www.8424embrach.ch, ebenfalls von Urs Peter initiiert. In verschiedenen Filmsequenzen kommen Zeitzeugen zu Wort, die von ihrem Aufwachsen im Dorf berichten.

Der kürzlich verstorbene Max Kuhn erzählte, wie er als Junge auf der Hauptstrasse Völkerball gespielt habe: «Wenn ein Auto kam, gingen wir auf die Seite und spielten danach weiter.» Er beschrieb Embrach als Bauerndorf mit Miststöcken und Vorgärten, ideal zum Fangis und Versteckis spielen. Auf Bildvergleichen lassen sich die frappanten Veränderungen beobachten: Wo früher Pferde trabten, quälen sich heute Autokolonnen.

Witzige Tombola mit Verpflichtung

Der Männerchor Embrach bereicherte die Vernissage am Samstag, welche von achzig Menschen besucht wurde.

Am Schluss gab es eine Tombola mit denkwürdigen Preisen. Aus originalen Landert Schmalztöpfen wurden Zettel mit Namen von Besuchern gezogen. Die Gewinner durften sich über das neue Buch freuen. Der Zusatzgewinn war das alte, aussterbende Wort «Anke». Regula Hofmann gewann es. Dieser Preis beinhaltet gleichzeitig die Aufgabe, das Wörtchen im normalen Sprachgebrauch wieder zu beleben. Für Hofmann keine schwere Aufgabe: «Ich spreche heute noch von Anke, ebenso unsere Kinder. Die Herausforderung wird sein, den Begriff an meine Enkel weiterzugeben», sagte die 69-Jährige, die zeitlebens in Embrach wohnt.

Eine andere Teilnehmerin zog das grosse Los mit dem Wort «Gaggalari». Auch sie ist dazu angehalten, den Gaggalari in ihrem Wortschatz zu benutzen. Für Urs Peter, der die Idee zur Tombola hatte, sind es die Mundart-Ausdrücke wert, weiterhin gesprochen zu werden. «Einfach weil sie schön sind», sagte der 57-Jährige.

Nach dem Apéro trafen sich ein Dutzend Embracher, um den «Historischen Verein Embrachertal» zu gründen. Die Sitzung war kurz, denn die Menschen die sich zuvor als Mitglieder eingeschrieben hatten, waren längstweg. Doch die Gründung gilt. Die erste Sitzung findet im Januar statt. (Zürcher Unterländer)

Quelle: Zürcher Unterländer